Der GWG Bauverein Babelsberg eG und seine Geschichte

Der Bauverein Babelsberg wurde am 05. Juli 1904 als Arbeiterbauverein gegründet.

Der Grundgedanke war, „…sozial schwachen Familien oder Personen in eigens gebauten oder angekauften Häusern ein preiswertes Wohnen zu verschaffen“.
Das erste Haus des Bauvereins baute die Genossenschaft in der Wiesenstraße. Den Grundstein dazu legte der Vorstand am 10. September 1905 unweit der Stelle, wo die Nuthe in die Havel fließt. Das Haus wurde mit 14 Wohnungen gebaut, die ausschließlich als 2-Raum-Wohnungen konzipiert waren. 8 Wohnungen hatten ein Außen-WC im Treppenhaus und 6 Wohnungen ein Innen-WC.

In der nachfolgenden Bauphase kamen noch 4 weitere Häuser in der heutigen Lotte-Pulewka-Straße und Max-Volmer- Straße dazu.

Gleichzeitig begann man mit dem Bau weiterer Häuser in der Großbeerenstraße und der heutigen Kopernikusstraße. Die letzten neugebauten Häuser in der jetzigen Paul-Neumann-Straße wurden 1938 bezogen. Neben den vorstehend genannten Objekten befinden sich in der Franz-Mehring-Straße und in der Hermann-Maaß-Straße weitere Häuser im Besitz der Genossenschaft. Diese kamen durch Verschmelzung 1941 zur Genossenschaft.

Insgesamt bewirtschaftet die Genossenschaft 360 Wohnungen und Gewerbeeinheiten.

Alle Häuser befinden sich ausschließlich in der Ortslage Babelsberg. Die Genossenschaft hat 5 Wohnanlagen.

Jedes Wohngebiet hat einen grünen Innenhofbereich, in dem auch teilweise Mietergärten vorhanden sind. Es gibt Spielmöglichkeiten für Kinder. Überall haben wir Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. Außerdem verfügen einige Wohngebiete über geschlossene PKW- und Motorradstellplätze.

Der Bestand unserer Wohnungen umfasst ca. 40 m² große Einraumwohnungen, Zweiraumwohnungen von ca. 48 bis 64 m², Dreiraumwohnungen von ca. 62 bis 82 m² und Vierraumwohnungen bis über 100 m².

Heute sind alle Wohnungen des Bauvereins mit einem Bad (Badewanne oder Dusche) und einer Zentralheizungsanlage ausgestattet. Ca. 80% des Wohnungsbestandes wurde nach 1990 durch die Genossenschaft modernisiert.

Bei der Rekonstruktion und Modernisierung unserer Altbauwohnungen legen wir großen Wert auf die Einhaltung altbautypischer Merkmale wie z.B. das Aufarbeiten der originalgetreuen Innen- und Außentüren und das Abschleifen von guterhaltenen Holzfußbodendielungen, die dann naturbelassen gewachst werden.

Bei dem Einbau neuer Fenster achten wir besonders bei den Sprossen und Außenelementen auf originalgetreue Nachbildungen ohne auf den neuen technischen Standard zu verzichten. Beim Neueinbau oder Modernisierung vorhandener Bäder ist eine moderne zeitgemäße Ausstattung selbstverständlich. Dazu gehören je nach Platzverhältnissen Dusche oder Wanne, Komplettfliesung und moderne Armaturen.

Das „Haus in der Sonne“ – Emilie Winkelmann baut für die Frauenbewegung der Kaiserzeit

Hermann-Maaß-Straße 18/20

Durch Fusion mit der „Genossenschaft für Frauenheimstätten“ kommt 1941 das bau- und sozialgeschichtliche Denkmal der frühen Frauenbewegung, das „Haus in der Sonne“, in den Besitz der GWG Bauverein Babelsberg eG. Das Haus war von 1914 bis in die 40er Jahre Alterssitz, aber auch Sehnsuchts- und Zufluchtsort von berufstätigen, alleinstehenden Frauen. Die Voraussetzungen für den Bau bietet die 1912 gegründete „Genossenschaft für Frauenheimstätten“, die durch das Pestalozzi-Fröbel- Haus, die Lehrerpensionskasse sowie etliche Privatpersonen unterstützt wird. 1913 kann sie vom Verein für Beamten-Heimstätten das 5000 qm große Grundstück in der Villenkolonie Babelsberg erwerben.

Die damals 38-jährige Architektin Emilie Winkelmann ist von Anfang an in die Planungsvorbereitungen miteinbezogen. Sie gilt als erste freiberufliche Architektin Deutschlands. Für die Frauengenossenschaft ist sie eine ideale Auswahl, weil sie hier auch für ihre eigene Lebenssituation als alleinstehende, berufstätige Frau plant.

Ihr Konzept ist es, sich äußerlich bewusst an den Villenhausstil der Nachbarhäuser zu orientieren

Hier sollte kein Altersheim, sondern ein Privathaus entstehen. Das erste der vier geplanten Häuser kann im Frühjahr 1914 bezogen werden. Es gab 14 eigenständige Wohnungen von ein bis drei Zimmern mit Loggien, Küchen und z. T. eigenen Bädern. Das Haus verfügte über den damaligen Luxus von Zentralheizungen und elektrischer Beleuchtung. Im Erdgeschoss lag ein gemeinschaftlicher Speiseraum, die sog. Zentrale. Einige Zimmer wurden als Ferienwohnungen für im Beruf stehende Frauen eingerichtet. Ein Hauswartpaar bot Hilfe im Haushalt an. Für die Bewohnerinnen blieb es wichtiges Anliegen, die Balance zwischen individueller Wohnsituation und gemeinschaftlichem Miteinander zu wahren.

Erst Ende der 20er Jahre erfolgt der Weiterbau mit dem Architekten Friedrich Lüngen, so dass die Genossenschaft dann insgesamt über 31 Wohnungen verfügte. Unter den Nationalsozialisten wird das Haus 1941 mit dem Gemeinnützigen Bauverein zu Babelsberg fusioniert, der damals schon über eine 37-jährige Tradition aufwies. Damit verlieren sich die Spuren der Frauengenossenschaft. Das „Haus in der Sonne“ beherbergt ab nun auch Familien mit Kindern. Die genossenschaftliche Eigentümerschaft, bietet ihnen bis heute nicht nur die einzigartige Lage, sondern auch die Vorteile gemeinschaftlichen Wohnens mit Mietsicherheiten und Dauernutzungsrechten.

Seit September 2012 weist eine Gedenktafel auf die Architektin Emilie Winkelmann und die Geschichte des „Haus in der Sonne“ hin.

Zum Weiterlesen:
Despina Stratigakos, A women ́s Berlin, Minnesota 2008
Beate Witzel, “Ich weiß, wie man es machen könnte!” – Emilie Winkelmann (1875-1951) in: Berlin Stadt der Frauen, Berliner Stadtmuseum (Hrsg.), Ausstellungskatalog, Berlin 2016

Barbara von Neumann-Cosel, Genossenschaftsforum e.V.